Das Jahr 1952 – die schlimmsten Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges sind beseitigt. Der Sport hat wieder einen Platz in der Gesellschaft. Für den Fußball der DDR ist dieses Jahr ein ganz besonderes. Zum ersten wird der Verband in den Fußball-Weltverband FIFA aufgenommen, zum zweiten steigt nach mehreren inoffiziellen Vergleichen nun endlich das erste offizielle Länderspiel.
Am 21. September ist Polens Auswahl Warschau der Partner. Für die knapp drei Jahre junge DDR hat dieses Spiel auch politische Bedeutung. Die Polen denen von deutscher Seite soviel Leid zugefügt worden war, hatten sich nämlich als erste bereit erklärt, wieder gegen eine deutsche Mannschaft zu spielen. „Wir wussten , dass wir durch einfühlsames Verhalten und faires anständiges Auftreten versuchen mussten, uns als Freunde aus einem neuen Deutschland zu zeigen. Allen war klar, dass die Polen noch längst nicht vergessen hatten“, erzählt der damalige Kapitän Horst „Schere“ Scherbaum, der noch heute in Leipzig als 65-Jähriger ehrenamtlich für den 1. FC Lok tätig ist.
Alles, was siche damals im Herbst im Vorfeld des Spiels ereignete, ist mit heutigen Maßstäben nicht mehr vergleichbar. Die Nationalspieler, unter ihnen solch klangvolle Namen wie Eilitz, Rosbigalle, Schröter, Matzen, waren zu einem kurzen Lehrgang in Planitz, fuhren dann von Zwickau in die Sportschule Berlin-Grünau, wo sie am 19. September eingekleidet wurden und noch einmal trainierten. Am Abend ging es dann vom Ostbahnhof per Schlafwagen los in Richtung Warschau.
Horst Scherbaum erzählt weiter: „Ich teilte mein Abteil mit Werner Eilitz, der auch aus Leipzig kam. Am nächsten Morgen um sieben Uhr trafen wir in Warschau ein. Es gab dann noch eine Stadtrundfahrt und Training. Am Mittwoch mittage um zwölf Uhr stieg dann das große Spiel vor 40 000 im Stadion der polnischen Armee. Beim Abspielen der Hymne bekam ich eine Gänsehaut.“
Siebzig Minuten konnte die DDR-Mannschaft einigermaßen mithalten, weil auch die Polen keine Bäume ausrissen. Doch dann kassierte der Dessauer Torhüter Wolfgang Klank im Schlussspurt der Gastgeber noch drei Tore. „Trotzdem – noch nie war der Sieg so nah!“ überschrieb die Fußballwoche vom 23.9.1952 ihren Bericht in Anspielung auf die vorher absolvierten inoffiziellen Begegnungen, die recht hoch verloren worden waren.
Statistik
- DDR: Klank – Wohlfahrt, Eilitz, Scherbaum, Schoen, Rosbigalle, Torhauer, Schröter, Imhof, Fröhlich, Matzen (80. Meier).
- Polen: Szymkowiak, Gedlek, Bainisz, Strzykalski, Bartyla, Mamon, Mordarski, Trampicz, Alszer, Cieslik, Wiesniewski (46. Aniola).
- Tore: 1:0 Trampicz (70.), 2:0 Aniola (80.), 3:0 Aniola (84.).
- Schiedsrichter: Horangozo (Ungarn).
- Zuschauer: 35.000.
Quelle: fuwo-EXTRA – Eine Sonderausgabe der Fußball-Woche, 1991.